Textspuren


Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü


VII

Zur Entstehungsgeschichte der Arbeiten, die speziell für diese Ausstellung in der ehemaligen Synagoge in Wetter ausgewählt wurden, ist zu erwähnen, dass die Zeichnungen in Paris und die großformatigen Bilder danach im Breidenbacher Atelier entstanden sind. Die Keramiken wurden u.a. in der Staatlichen Majolika-Manufaktur Karlsruhe in Fayence-Technik hergestellt.
Die Fragestellung, die den Werken zugrunde liegt:
Wie funktionieren unsere Sprachen? Wo ist der Punkt der Abstraktion in unserer Schrift? Ist Schreiben nur etwas Geistiges und Immaterielles oder gibt es physiologische Zusammenhänge, die in unserem Gehirn arbeiten, was bedeuten würde, daß eineWeltsprache tief in jedem menschlichen Wesen versteckt ist.
Kann man diese archaischen Symbole finden, indem man einen Malprozeß anwendet, der die Zeichen in einen dreidimensionalen Farbraum befreit? Gibt es mehr Toleranz, wenn der einzelne Begriff weniger konkret ist? Gibt es mehr Toleranz dank dynamischer Strukturen?
Schon beim Entstehen der Zeichnungen hatte ich das Gefühl, daß die automatisch entstandenen Arbeiten von den täglich erlebten Menschenmassen der Stadt ausgelöst worden waren. In solch einem Strom aus Farben, Gerüchen und Lauten zu schwimmen, sei es in Bombay, New York, Tunis oder nun in Paris, ist für mich einer der anregendsten und inspirierendsten Zustände.
Beim Arbeitsprozeß entstand in mir die Empfindung, als ob jedes Teil innerhalb eines Bildsystems - man kann im übertragenden Sinne auch durchaus von einer "Gesellschaft" sprechen - jeweils eine Verbindung mit jedem anderen Teil einginge, so als ob ein funktionierendes Modell entstünde, in welchem jedes Element das andere bedingt bzw. toleriert.
Die Idee der Toleranz spielt grundsätzlich eine wichtige Rolle in allen meinen Arbeiten.
Die Zeichnungen sind immer im gleichen Kompositionsschema aufgebaut:
Es gibt immer den Sprung zwischen einer Positiv- und Negativform (wie bei einem Vexierbild) und auch einen Wechsel zwischen "Gegenständlichem" und "Ungegenständlichem". Figuren, Pflanzen, Tiere, Schriftzeichen, Symbole, Noten - alles wird ineinander verwoben. Das Vorne und Hinten des Bildraumes scheint ständig im Wechsel zu sein.
Es entsteht dieser Zwischenbereich, in dem noch alles im Keimen ist - also ein auch geistig offener Raum.
Diese Offenheit erzeugt den oben angesprochenen Ausdruck von Toleranz und Freiheit.
Das Toleranzprinzip wird in diesen Arbeiten paradoxerweise aber gerade durch Disziplin beim Zeichnen erreicht. Der Zeichenvorgang wird nie unterbrochen und ähnelt einer Meditation mit einem Mantra. Das "kristalline" Denken in Begriffen wird dabei aufgelöst und es entsteht ein inneres Bild und Magie.
Unsere Sprache in Begriffen ist von der sinnlich erlebbaren Welt viel weiter entfernt als ein Bild.
Zusammenhänge lassen sich aber anschaulicher und wahrhaftiger in einer bildnerischen Form darstellen, denn jede „Wort-Definition“ bedeutet ja gleichzeitig auch ein "Vorurteil", denn das Wort wird der Wirklichkeit quasi "übergestülpt".
Mein Traum ist eine Sprache, die universell ist und keiner Übersetzung und Erklärung bedarf.



Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü